Wenn der Blick in den Spiegel schmerzt

Die heile Amateurfußball-Welt, die ich mir in den vergangenen Wochen geschaffen habe, tat gut. Ergebnisse gut, Training extrem gut, Stimmung im Team sehr gut. Dann folgte der heutige Tag. Ich ärgere mich so unendlich über mich selbst, dass der Blick in den Spiegel schmerzt. Persönlich war es heute meine erste Saisonniederlage (bei der anderen war ich im Urlaub). Was mich so an mir selbst ärgert? Meine Nachlässigkeit.

Heute hat gar nichts gepasst. Wir waren schlecht. Welche Faktoren im Einzelnen dafür verantwortlich waren, ist am Ende gar nicht so entscheidend, sondern der Fakt, dass ich selbst so weit weg von einer guten Leistung war, dass es mich erschreckt. Und jede Minute mehr, die seit Abpfiff verstreicht, sorgt dafür, dass mir bewusster wird, dass sich die Nicht-Leistung heute seit ein, zwei Wochen angebahnt hatte und ich im Zuge des guten Starts eben nachlässig geworden bin. Der Dringlichkeit meiner Performance bin ich wegen eines guten Gefühls nicht mehr nachgekommen.

Ich habe weniger intensiv das Training und entsprechende Inhalte vorbereitet, mich dabei davon blenden lassen, dass die Intensität in den Einheiten aufgrund des neuen Konkurrenzskampfs und der guten Stimmung ausreichen würde, die Ansprache und die Aufgabenverteilung für die vergangenen zwei, drei Spiele dürftig durchgeführt und im Spiel keine Antworten und Lösungen gefunden. Alles in allem bequem, unkonzentriert, ohne Fokus. Diese Erkenntnis trifft mich als Trainer sehr, weil es nicht mein Anspruch ist. Aber…

Faktor Zeit ein Problem

Das Problem: Diese Nachlässgikeit hat einen Ursprung, der nur schwer beim Schopf zu packen ist: der Faktor Zeit. Fünf Wochen war ich wegen meines Armbruchs krankgeschrieben, dann eine Woche im Urlaub, seit zwei Wochen arbeite ich wieder vollends. Genau in diesen zwei, drei Wochen hat sich mein Fokus auf den Fußball verschoben. Kind, Arbeit, Kind, dann schnell rüber zum Platz. Dort bin ich froh, dass das Training aktuell gut läuft. Inhaltlich zielgerichtet ist dies dann kaum, weil ich es nicht optimal vorbereiten kann. Auf den ersten Blick fiel das nicht groß ins Gewicht, heute wurde es mir offenbart.

Will ich meine schlechte Performance heute auf diese Ausrede schieben? Nein! Ich bin es meinen Jungs und auch mir selbst gegenüber schuldig, einen Weg zu finden, auf dem ich Fußball in der Vor- und Nachbereitung so unterbringe, dass ich besser bin als der Status Quo. Sonst muss ich Schluss machen oder den Anspruch so herunterfahren, dass meine Leistung dazu passt.

Geht es anderen Trainern auch so?

Ich würde es aber als gutes Zeichen werten, dass ich mich heute im Spiegel nicht angucken kann, dass ich jede einzelne Handlung heute hinterfrage und dass es mir alles andere als gefällt, dass ich nicht geliefert habe. Dazu kommt die Lust, es kommende Woche besser machen zu wollen. Das definiert zumindest unbewusst meinen eigentlich hohen Anspruch.

Das könnte dich auch interessieren: Emotionale Belastbarkeit: Wie sehr muss ich als Amateurtrainer meine Gefühle kontrollieren?

Ich würde gerne wissen, wie das andere Trainer auf diesem Niveau mit Familie lösen und freue mich über Rückmeldungen. Dann kann ich ab morgen vielleicht auch wieder in den Spiegel schauen.

Artikel teilen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Social media & sharing icons powered by UltimatelySocial