Es kribbelt überall. Nach einer langen Vorbereitungszeit ohne Testspiele fiel mein Urlaub genau in die Phase, in der das Spielen wieder erlaubt wurde. Jetzt kehre ich an diesem Wochenende nach über sechs Monaten erstmals an die Seitenlinie zurück und bin aufgeregt wie ein kleines Kind vor seinem Geburtstag.
Der Grund dafür ist vor allem der Kampf mit der großen Unbekannten. Zum einen, weil es unser allererstes Heimspiel ist und wir auf unserem Platz für die Einhaltung der Hygienemaßnahmen rund ums Spiel verantwortlich sind, zum anderen, weil ich nach vier ergebnistechnisch eher durchwachsenen Testspielen (2 Remis, ein Sieg, eine Niederlage) noch kein konkretes sportliches Wettkampf-Bild meiner Mannschaft habe.
Wer sich jetzt fragt, warum ich dann genau jetzt im Urlaub war: Das war lange vor Corona so geplant. Schlussendlich bin ich froh, dass ich jetzt bei den ersten Testspielen weg war, noch eine Woche Zeit habe und dann beim Punktspielstart alles geben kann.
Dafür bin ich bereit. In der dritthöchsten Hamburger Amateurklasse ist die Leistungsdichte sehr hoch. Der neue Spielmodus sieht vor, dass nur die ersten sieben Teams in die Meisterschaftsrunde kommen, die nach Platz 6 im vergangenen Jahr natürlich das Ziel sein sollte. In der Hinrunde mit nur 16 Spielen ist deshalb wenig Platz für Schwächephasen. Alle Kinderkrankheiten müssen also möglichst vor dem ersten Punktspiel aus der Welt geschaffen sein. Dafür habe ich jetzt noch eine Woche mit zwei Testspielen und zwei Trainingseinheiten Zeit.
Spielidee und Spielsystem festigen, Rollen der Spieler in einzelnen Gesprächen definieren und als Kollektiv in den Wettkampfmodus umschalten. Letzteres wird in diesem Jahr die wohl größte Hürde. Nach Wochen nur Training, nach Monaten ohne Punktspiel ist es einfach zu sagen: „Alle müssen heiß sein.“ Überhaupt eine Grundhaltung zur neuen, komplexeren Saison mit all ihren Unvorhersehbarkeiten im zerfahrenen Spielplan zu entwickeln, ist nicht so einfach, wie sich das viele denken. Deswegen ist es auch so wichtig, dass sich die Mannschaft ohne Einwirkung des Trainers ein gemeinsames Ziel setzt. Das ist der Konsens. Diesem muss ich als Spieler alles unterordnen.
Als Trainer bin ich auf diesem Weg die Leitplanke links und die Leitplanke rechts, um die Spieler auf Kurs zu halten. Jeder darf mal die Leitplanken touchieren. Das gehört dazu. Aber vom Weg abkommen, darf für niemanden eine Option sein. Auf geht’s!