Über das erste Corona-Training und neue Chancen
Ich war aufgeregt wie ein kleiner Junge. Mit einem fetten Grinsen und lauter Musik bin ich zum Sportplatz gefahren. Bereits auf dem Parkplatz wartete unser Teammanager „Heinsi“, der mich in den kommenden Wochen zwangsläufig auch bei der Trainingsarbeit unterstützen wird. Wieder ein Grinsen. „Ich habe Bock.“ „Ich auch.“ Auf zum Platz.
Vor uns trainierte niemand. Wir konnten also alles aufbauen. Welch ein Segen! Langsam trudelten die ersten Spieler ein. Begrüßung auf Zuruf oder mit dem ausgestreckten Fuß. Wieder ganz viele grinsende Gesichter. Es war wie ein erster Schultag nach sechs Wochen Sommerferien, ein erstes Treffen mit einem langjährigen Schwarm oder der erste Urlaubstag, auf den man lange gewartet hat. Unterm Strich aber gibt es keinen so richtig passenden Vergleich. Es hat gekribbelt, die Vorfreude war groß, und alles andere war dabei fast egal.
Detaillierte Trainingsplanung wird noch wichtiger
Und doch ist es ungewohnt. Kein Handschlag, keine kurze Umarmung, keine Zweikämpfe, kein Spiel. Das neue Training ist gewöhnungsbedürftig und bedarf ausführlicher Vorbereitung. Zum Start konnten wir auf dem ganzen Platz trainieren, teilten die Mannschaft in vier Gruppen ein, die im Wechsel an vier Stationen üben sollten. Jede Station wurde von einem Trainer betreut. Technik, Koordination, Kraft und Torschuss waren es beim Auftakt. Pro Station 18 Minuten, dann kurze Pause und Wechsel.
So stand es zumindest auf dem Plan im Notizbuch. Doch diese Art von Training zu planen, ist auch für mich neu. Eine Ansprache nach 65 Tagen ohne einander, weitere Aufklärung über die Corona-Spielregeln, Erklärungen des Ablaufes – all das kostet Zeit, selbst wenn vieles davon vorher in der Mannschaftsgruppe stand. Am Ende mussten wir 20 Minuten überziehen, damit jede Gruppe jede Station einmal absolvieren konnte.
Aber das war an diesem Abend irgendwie egal. Es war auch egal, dass der Ball nicht bei jedem immer freundschaftlich am Fuß klebte, dass nicht jeder Schuss aufs Tor ging oder jeder Antritt mit voller Geschwindigkeit absolviert wurde. Es ging an diesem Abend ums Wiedersehen, ums Miteinander, um eine stückweite Rückkehr zur Normalität. Wie auch immer diese aussehen wird. Keine Fußballpause war jemals so lang wie diese. Keiner von uns konnte sich in den vergangenen Wochen in einem solchen Rahmen sehen.
Kleingruppen-Training als Chance verstehen, nicht als Hürde
Dieses Gefühl wird vielleicht noch zwei bis drei Einheiten anhalten, bis jeder realisiert, dass das Training nicht auf ein Spiel oder eine ganze Saison vorbereitet. Doch diesen Dämpfer will ich nicht zulassen. Die Phase jetzt ist eine einzigartige Chance, höchstindividuell an Schwächen zu arbeiten und an Stärken zu feilen. Das Training in kleinsten Gruppen ermöglicht eine Vielzahl an Wiederholungen. Etwas, das im Trainingsalltag oft nur schwer zu integrieren ist. Zu sehr wird man getrieben von Ergebnissen und Spielvorbereitungen.
Wenn ein Großteil meiner Spieler in ein paar Wochen auch nur etwas besser ist, als er es vor diesem Mittwoch war, dann hat sich diese Zeit allein aus sportlicher Sicht schon gelohnt. Dass jeder die Aufnahme des Trainingsbetriebs aus sozialen Gründen dringend gebraucht hat, steht dabei sowieso außer Frage. Oder warum habe ich den Sportplatz sonst mit einem ebenso fetten Grinsen wie zu Beginn wieder verlassen.