Mehr Respekt untereinander, bitte!

Sonntagmorgen. Auswärtsspiel. Mit meiner Mannschaft komme ich am Sportplatz an, werde freundlicherweise vom dortigen Platzwart in Empfang genommen. Dieser erklärt mir, dass wir uns mit insgesamt acht Mannschaften zwei Kabinen teilen müssen und auch die Duschen nicht funktionieren. Okay, das kann im Amateurfußball passieren. Eine vorherige Information seitens des Gegners, also der Heimmanschaft, wäre trotzdem fair gewesen. Auch die Tatsache, dass wir uns insgesamt dreimal umziehen mussten, weil der Gegner erst nicht auffindbar war, um die Trikotfarben mit ihm abzusprechen, und dieser dann auch erst die falschen Farben weitergab, kann man irgendwie noch tolerieren. Schließlich hätte man selbst vorab mit ihm in Kontakt treten können.

Als ich dann aber mit meinen Co-Trainern beim Warmmachen auf dem Platz stand und der gegnerische Trainer, den wir bis dato weder gesehen noch gesprochen hatten, auf uns zukommt und aus 15 Metern Entfernung ruft: „Gebt ihr den Spielbericht noch frei“, habe ich die Amateurfußballwelt nicht mehr verstanden. Kein „Guten Morgen“, kein „Hallo, wie gehts“. Gar nichts. Als ich ihm das entgegnete, kam zurück, ob ich ihn verarschen wolle und dass ich ein „Spasti“ sei. Mein Co-Trainer schaute mich entgeistert an und so blickte ich zurück.

Wenn ein Fußballspiel läuft, dann sind Emotionen im Spiel, dann kann ich auch als Trainer mal etwas aus der Haut fahren, auch mal etwas Falsches sagen, worüber man sich im Nachhinein ärgert und auch entschuldigt. Aber ums Spiel herum leben wir Trainer den sportlichen Respekt vor. Ein vernünftiger Umgang, ein gegenseitiges Informieren über Rahmenbedingungen und vor allem gewisse Gepflogenheiten wie Begrüßung und Verabschiedung sind das mindeste an Fußball-Knigge auf jedem Sportplatz. Ich muss nicht mit jedem Trainer über Fußball philosophieren können, auch wenn das übrigens sehr viel Spaß macht, aber ich muss jeden respektieren.

Wichtig: Bei dem Bild handelt es sich um ein Symbolfoto!

Kreativ werden, wenn der Winter naht

Jedes Jahr zur selben Zeit, sinkt die Trainingsmotivation eines Amateurfußballers. Das ist ungefähr genauso vorhersehbar wie die Photosynthese bei Laubblättern. Dafür können die meisten Spieler also gar nichts, weil es zu ihrer Amateurkicker-DNA gehört. Es wird kälter und dunkler. Das Training findet ohne Tageslicht statt. Regen wird häufiger. Da überlegt sich der gemeine Amateurfußballer dreimal, ob er nach der Arbeit den Hintern noch mal hochbekommt und zum Sportplatz fährt.

Um dieser aufkommenden Tristesse entegegenzuwirken, ist der Trainer gefragt. Es gilt, die Trainingsmotivation hochzuhalten und mit Abwechslungen im Trainingsalltag für Spannung zu sorgen. Das erzeuge ich am einfachsten durch Konkurrenzkampf. Doch dieser ist besonders ab der Bezirksliga abwärts nicht immer zu gewährleisten. Deswegen können verschiedene Übungen den Spaßfaktor hochhalten. Ja, Ernsthaftigkeit ist wichtig und führt auch zum Erfolg. Spaß darf dabei, besonders unter erschwerten Bedingungen nicht zu kurz kommen.

Alternative Spaßwettkampf statt Passübung

Hier eignen sich besonders unterschiedliche Wettkampfformen. Es ist immer wieder spannend zu beobachten, wenn sich erwachsene Männer in Wettkämpfen gegenüberstehen. Sie entfachen einen teils unbekannten Ehrgeiz. Wer kreativ ist, sorgt für Spaß. Nicht immer muss es also die 36. Passübung oder die 29. Umschaltspielform sein. Macht etwas Neues! Dabei darf man keine Angst haben, mit einer Übung auch mal in die Tonne zu greifen. Der Ansatz zählt.

Ich habe zuletzt etwas ausprobiert, das ich zufällig beim FC Chelsea entdeckt habe. Zwei Gruppen stehen in einem Abstand von ca. 25 Meter zueinenander. In der Mitte ist eine Stange platziert. Auf ungefähr halber Strecke (kann variabel gehandhabt werden) steht jeweils ein Hütchen. Auf beiden Seiten warten je zwei Spieler auf ein Trainersignal. Ist dies erfolgt, wirft ein Spieler seinem Teamkollegen zweimal einen Ball zu, der ohne Bodenkontakt zurückgespielt werden soll. Gelingt das, dreht er sich um, läuft los, greift nach dem Hütchen und muss dieses über die Stange stülpen.

Wer von den beiden gegenüber voneinander startenden Spielern zuerst sein Hütchen auf der Stange platziert, erhält einen Punkt. Wie lange der Wettkampf geht, könnt ihr im Vorfeld festlegen. Für die Übung benötigt ihr je nach Gruppengröße (vier in diesem Beispiel) lediglich zwei Stangen (ggf. zwei Füße), vier mittlere Kegel und im Optimalfall acht Markierungsscheiben für die Positionen. Probiert es aus! Das Video dazu gibt es auf meinem Instagram-Profil.

Wenn am Trainingstag das Handy vibriert – Der Kampf mit dem Kopf

Trainer im Amateurfußball haben mit wiederkehrenden Problemen zu kämpfen, die an einem nagen können wie der Biber an einem Stück Treibholz. Gewinnt die Mannschaft am Wochenende, scheinen diese Probleme wie weggeblasen. Geht ein Spiel verloren, kehren all die negativen Gedanken mit doppelter Wucht zurück. Stark sein und vorangehen versus Ihr-könnt-mich-alle-mal-Einstellung – ein Spagat.

„Hey Coach, ich habe gar nicht gewusst, dass wir am Freitagabend spielen. Ich kann da gar nicht.“ „Trainer, ich habe vergessen, dass ich heute Abend einen Termin habe. Komme nicht zum Training.“ „Moin Coach, ich habe spontan Urlaub gebucht und bin die nächsten zwei Wochen raus.“ „Hallo Trainer, der Oberschenkel zwickt, bin erst mal raus und melde mich, wenn es wieder geht.“

Absagen, die den stecker ziehen

Wir Amateurtrainer bekommen Trainingstag für Trainingstag Nachrichten, welche die Arbeit erschweren. Es gibt Phasen, in denen eine einzelne Nachricht keine besondere Wirkung auf den eigenen Gemütszustand hat. Doch es gibt eben auch jene Situationen, in denen sich diese Art von Absagen bündeln und den Kopf platzen lassen. Nicht nur, dass man auf diejenigen sauer ist, die erst gar nicht zum Arzt gehen, wenn der Oberschenkel zwickt, die nichts vom Spielplan der eigenen Mannschaft wissen oder die ihre Termine nicht im Griff haben. Kommen auf einmal mehrere solcher Absagen rein, ist es wie ein Stecker, der gezogen wird. Spannung, Vorfreude und Motivation entweichen. Pfffff. Wie ein Luftballon, den man nicht zuknoten kann und die ganze Luft verliert.

Gegen diese aufkommende Leere anzukämpfen, ist nicht immer leicht. Ich weiß, dass jeder für Absagen seine Gründe hat, dass jeder während der Saison in den Urlaub fahren darf, dass sich jeder mit seiner Partnerin zwecks Urlaubs- und Freizeitgestaltung abstimmen muss und dass Fußball nicht das Wichtigste ist.

Aber das ist bei uns Trainern ja nicht anders. Auch wir schauen manchmal vor dem Training aus dem Fenster, schauen in die Dunkelheit, Regentropfen klatschen gegen die Scheibe und das Thermometer zeigt nur 8 Grad an. Auch wir haben einen anstregenden Arbeitstag um die Ohren und mit zusätzlicher privater Belastung zu kämpfen. Auch wir tänzeln auf dem schmalen Grad zwischen Fußball und Privatleben – und doch kommen wir immer wieder zu dem Schluss, dass sich der Aufwand lohnt, dass wir uns gerne draußen auf den nassen Platz stellen und für einen Moment lang alles andere hinten an stellen. Das machen wir nicht nur, weil es uns Spaß macht, sondern weil die ganze Gruppe immer im Vordergrund steht.

Auch Spieler müssen die Gruppe im blick haben

Die Ihr-könnt-mich-alle-mal-Einstellung ist nämlich keine Option. Das sollte sie für Spieler auch nicht sein. Als Trainer haben wir die Verantwortung für die ganze Mannschaft, aber auch jeder Spieler sollte bereit sein, für das Kollektiv diese Last zu tragen.

Denn jede Absage hat Auswirkung auf die Gruppe. Im Training gibt es Einschränkungen. Im Spiel muss die Startaufstellung ständig gewechselt werden. Teilweise nehmen auf der Bank kaum richtig fitte Spieler Platz, was wiederum die Wechseloptionen während einer Partie beeinträchtigt.

Liebe Spieler, checkt den Spielplan Wochen im voraus. Legt eure einwöchigen Urlaube vielleicht so, dass ihr nur ein und nicht gleich zwei Spiele verpasst. Geht zum Arzt, wenn es zwickt und wartet nicht erst drei Wochen. Denkt bei jeder vermeidbaren Absage auch an die Gruppe. Ihr helft damit eurer Mannschaft. Wir Trainer werden trotzdem weiterhin damit klarkommen – meistens jedenfalls.

Der Herbst ist da – ein kleiner Abgesang

Als Trainer gibt es nichts Besseres als die warme Jahreszeit. Am Wochenende gibt es während der Spiele für Gesicht und Arme wertvolle Sonne und unter der Woche im Training kann entspannter gearbeitet werden. Die Absagen halten sich eher in Grenzen und insgesamt macht doch alles mehr Spaß, wenn es nicht bei 10 Grad regnet ohne Ende. Nicht falsch verstehen: Fußball macht zu jeder Jahreszeit Spaß und das wird sich auch nicht ändern. Doch wenn man gerade von einem 90-minütigen Dauerregenspiel durchnässt und halb erfroren nach Hause kommt, ist die Lust auf grau, dunkel und nass nur bedingt ausgeprägt. Ein kleiner Abgesang auf den Herbst – mit Augenzwinkern.

Das Training

So ab Mitte April bis Anfang September bleibt das Flutlicht aus, beziehungsweise muss erst am Ende eingeschaltet werden. Der Körper reagiert auf das viele Tageslicht mit mehr Energie und selbst wenn es im Sommer mal drückend heiß ist, liegt der Fußballplatz meist schon im Schatten. Ungeachtet dessen verändert sich auch die Trainingsarbeit, wenn der Herbst Einkehr erhält. Taktische Inhalte mit vielen Erklärungen und damit einhergehenden Pausen müssen reduziert werden, damit die Spieler nicht auskühlen. Auch Unterbrechungen während der einzelnen Übungen zwecks Korrektur sind nicht mehr in der Form möglich wie an wärmeren Tagen. Die ganze Trainingseinheit muss so gestaltet sein, dass alle Spieler durchgehend in Bewegung bleiben. Das kann in der Planung eingrenzend sein.

Das Spiel

Schon nach dem Aufwärmen ist die Kleidung komplett durchnässt. Jeder der schon einmal in nassen Klamotten bei niedrigen Temperaturen draußen war, weiß, dass sich daraufhin die gesamte Körperhaltung verändert. Die Brust geht zurück, die Schultern krümmen sich nach vorn. Hier brauchen Spieler eine extra Portion Motivation, um gegen die Witterungsverhältnisse anzugehen. Während die Partie läuft, bringen sich die Spieler automatisch auf Betriebstemperatur. Doch durch Regen rutschiger, im Winter durch Frost oft glatter Kunstrasen können aber das Spiel beeinflussen. Für uns Trainer wird es ebenfalls manchmal ungemütlich. Ich bin ehrlich: bei durchgehendem Regen und 5 bis 10 Grad an der Seitenlinie zu stehen, ist nicht das allerbeste Gefühl. Hier erinnert man sich gern die Samstagvormittage in der prallen Sonne. Immerhin ein bisschen Farbe für den weißen Käsekörper.

Die Spieler

Es ist quasi ungeschriebenes Gesetz, wenn ab Herbstanfang die Anzahl der Trainingsabsagen steigt. Jeder weiß auch warum. Beim Blick durch das Fenster im Büro ins tiefste Grau ist einem nicht immer nach Sport im Freien. Doch während man sich als Trainer immer wieder motivieren kann, eine gute Einheit zu planen und durchzuführen, lässt bei vielen Spielern der Widerstand nach.

Wenn die Emotionen überkochen

Es gibt sie immer wieder, diese Momente, in denen man sich an der Seitenlinie verliert. Ich bin ein emotionaler Mensch, aber auch jemand, der über sich nachdenken kann. Ich mag mich manchmal nicht und doch weiß ich, dass es in besonders emotionalen Momenten nicht anders geht. Jetzt musste eine Wasserflasche dran glauben.

Am vergangenen Wochenende habe ich meiner Mannschaft dabei zugesehen, wie sie alles, wirklich alles von dem umgesetzt hat, was wir in den langen Wochen zuvor erarbeitet haben – und das gegen einen starken Gegner. Hatten wir sonst gegen spielerisch gute Gegner unsere Probleme, selbst auch mal mutig mit dem Ball zu spielen, zeigen sich nach und nach erste Auswirkungen der Umstellung unserer Idee. Einzig das Toreschießen wollte an diesem Wochenende nicht klappen. Allerbeste Gelegenheiten wurden ausgelassen und als I-Tüpfelchen senkte sich kurz vor dem Halbzeitpfiff auch noch ein Sonntagsschuss über unseren Torwart hinweg ins Netz. 0:1. In dem Moment entlud sich der gesamte Frust und die Enttäuschung darüber, dass sich meine Mannschaft für den sehr hohen Aufwand und die vielen gelungenen Aktionen nicht belohnt hatte und dann auch noch bestraft wurde. Ich schrie und ich trat nach einer armen, kleinen Wasserflasche, die für meinen Zustand eigentlich nichts konnte. Ich bin schon lange Trainer, bin seit jeher emotional und manchmal kocht das Wasser im Topf einfach über. Wer mit Leidenschaft dabei ist, kann das verstehen. Das erwarte ich aber nicht von jedem – ich schaffe es ja selbst nicht immer.

Doch diese situativen Explosionen haben etwas Gutes. Bevor ich in der Kabine zur Mannschaft spreche, komme ich runter und sorge damit für eine innere Balance. So bin ich in der Lage, die richtigen Worte im richtigen Ton an die Spieler zu richten, ihnen zu sagen, dass ich sehr zufrieden mit der Art und Weise bin, wie wir spielen und das, wenn wir so weitermachen, auch das Ergebnis passen wird. Dass es am Ende trotzdem nur zu einem 1:1 gereicht hatte, kann ich verkraften. Der Flasche und der Tatsache, dass die Mannschaft entscheidende Schritte nach vorne macht, sei Dank. Die Ergebnisse stellen sich auch bald ein.

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