Kopf sagt ja, Herz sagt nein

Wie mich die Entscheidung, mit Testspielen auf die Erlaubnis Hamburgs zu warten, erst traurig und dann stolz gemacht hat

Der Fußballer, der Trainer in mir schreit nach Wettkampf. Besser sofort als später. Die Vorbereitung war darauf ausgelegt, möglichst viele Spiele in Schleswig-Holstein zu absolvieren, weil die Hoffnung auf andere Regelungen als in Hamburg groß war.

Dann endlich die Nachricht aus unserem Nachbarbundesland, dass Testspiele wieder erlaubt sind. Doch Freude kam nicht auf. Alle bestehenden Termine mit Teams aus dem Umland habe ich abgesagt. Mein Herz blutet, und doch bin ich irgendwie stolz, dass wir als Mannschaft diese Entscheidung getroffen haben.

Natürlich wäre es legitim, außerhalb Hamburgs Spiele zu absolvieren. Der Verband hat dies auf seinem Verbandstag durchgewunken. Doch ist das als Hamburger Team richtig, wenn es hier doch immer noch nicht erlaubt ist? Ich hatte diese Frage immer mit Ja beantwortet und bin doch angetan von der Idee, weiterhin den Vorgaben von Stadt und Verband zu folgen und keine Fußballspiele auszutragen.

Sich treu zu bleiben ist wichtig

Als Mannschaft hatten wir zum Start der Pandemie unser anstehendes Punktspiel abgesagt, bevor die Generalabsage des Verbands kam. Auch im Training gehen wir alle Vorgaben weiterhin mit. Unserer Grundhaltung treu zu bleiben, das ist uns schon immer wichtig.

Das heißt übrigens nicht, dass ich die aktuellen Einschränkungen für den Hamburger Amateurfußball für verhältnismäßig oder die uneinheitliche Regelung innerhalb eines Sportverbandes mit drei Mitgliedsbundesländern für sinnvoll halte. Im Gegenteil: Dass sich in Schleswig-Holstein erst auf vehementes Luft verschaffen des Verbandes etwas in der Politik bewegt hat, zeigt ja, dass dies in Hamburg ausgeblieben zu sein scheint.

Einschränkungen bleiben unverhältnismäßig

Dass es selbst im Training bisher keine weiteren Lockerungen gegeben hat, obwohl ich theoretisch mit allen Spielern im privaten Rahmen mehrfach einen Mannschaftsabend hätte feiern können, spricht für die Unverhältnismäßigkeit der Rahmenbedingungen für den Fußball.

Natürlich steigen derzeit die Zahlen wieder an. Natürlich muss gerade in Hamburg die kommende Woche beobachtet werden, um die Rückreise-Welle genau bewerten zu können. Das ist alles nachvollziehbar. Aber gibt es in den anderen Bundesländern Fälle, die auf ein Fußballspiel zurückzuführen sind? Gibt es schlagkräftige Argumente, die Feiern, Strandbesuche, Demonstrationen und Co. ungefährlicher machen als ein Fußballspiel? Vor allem, wenn diese Spiele trotzdem stattfinden, nur ein paar Kilometer weiter in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Oder sogar die Pokalspiele mit Sonderregelung auf Hamburger Stadtgebiet, bei denen sogar Zuschauer erlaubt sind.

Es passt vieles nicht zusammen. Aber unterm Strich kann ich jetzt auch noch die hoffentlich letzten zwei Wochen warten, bis auch Hamburg endlich nachzieht. Und wenn wir dann erstmalig wieder auf dem Platz stehen, ist nicht nur die Vorfreude groß, sondern auch das Gefühl, sich treu geblieben zu sein.

Es wird Zeit… für Einheitlichkeit

Die Schwierigkeiten bei der Planung der diesjährigen Saisonvorbereitung haben neben dem immer noch nicht feststehenden Saisonstart eine weitere Hürde bekommen. In Niedersachsen wird seit Montag wieder gespielt und in Schleswig-Holstein deutet vieles darauf hin, dass auch dort spätestens ab dem 10. August wieder Spiele stattfinden können. In Hamburg regt sich dahingehend nichts. Und das ist ein Problem.

Ich persönlich habe in den vergangenen Monaten wohlwollend zur Kenntnis genommen, wie die Stadt Hamburg die Corona-Krise angegangen ist. Das besonnene Vorgehen ist sicherlich ein entscheidender Faktor dafür, dass die Fallzahlen so niedrig geworden sind. Die meisten Schritte waren transparent kommuniziert und vertretbar in der Umsetzung. Doch während ich mich mittlerweile mit 24 Freunden privat zu einer kleinen Feier treffen darf, ist ein normales Fußballtraining immer noch untersagt. Wo ist der Unterschied?

Drei Bundesländer, ein Spielbetrieb

Dass uns andere Bundesländer, die sogar ein anderes, teilweise höhres Infektionsgeschehen aufweisen, bereits voraus sind, ist den Vereinen und Fußballern kaum noch zu erklären. Vor allem, wenn es die an Hamburg angrenzenden Bundesländer sind. Es wird Zeit, dass sich die Politik auch dem Amateursport annimmt und weitere Lockerungen beschließt, die aktuell allemal möglich sind. Es wird auch Zeit, dass der Hamburger Fußball-Verband seiner Aufgabe als Interessensvertreter endlich gerecht wird und von der Politik genau diese Lockerungen einfordert, die im richtigen Verhältnis zu allen anderen Lockerungen stehen würden.

Wird nicht bald Einheitlichkeit geschaffen, entsteht ein klarer Wettbewerbsnachteil für Mannschaften, die nicht jede Woche nach Niedersachsen fahren können und wollen. Die gewährte zweiwöchige Vorbereitungsfrist ist nämlich nur dann okay, wenn sie für alle am Hamburger Spielbetrieb teilnehmenden Mannschaften gilt. Und nicht nur für einige. Wenn eine Mannschaft vor dem ersten Pflichtspiel nach so langer Pause ohne Wettkampfbelastung nur zwei Testspiele machen kann, ist das ein erheblicher Unterschied zu Teams, die bereits vier oder fünfmal über 90 Minuten gegangen sind.

Dasselbe Spiel, aber nur an einem Ort möglich

Dazu noch ein Beispiel für den bevorstehenden Testspiel-Tourismus. Ein Hamburger Team, das an Niedersachsen angrenzt, fährt wenige Kilometer über die Landesgrenze und absolviert ein Testspiel gegen eine Mannschaft aus Niedersachsen. Diese Partie dürfte auf Hamburger Boden aber nicht stattfinden und doch wird sie ein paar Kilometer weiter ausgetragen. Es sind dieselben Personen, die daran teilnehmen. Wie absurd ist das bitte? Dass am Hamburger Spielbetrieb auch Teams aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein teilnehmen und nach fünfmonatiger Spielpause bereits wieder ohne Einschränkungen Wettbewerbsbelastung erfahren, kommt auch noch hinzu.

Ich muss nicht am kommenden Wochenende das erste Testspiel spielen, auch nicht an dem darauf. Doch es wäre wichtig, dass spätestens ab dem 1. August eine einheitliche Regelung für den Spielbetrieb getroffen wird, damit sich alle Mannschaften bestmöglich vorbereiten können. Natürlich unter Einhaltung aller notwendiger Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit aller Beteiligten. Handeln, bitte!

Du bist mehr als nur eine Facette? Dann zeig es mit einem Hoodie!

Multitalent Trainer*in – Alleskönner viervierzwei

Von Trainern*innen wird heute viel verlangt. Sie sind Pädagogen, Mentoren, Taktikfüchse aber auch Kommunikationsexperten, Organisationstalente und Mediatoren. Ganz nebenbei sind sie auch noch Menschen. Sie müssen nicht alles perfekt beherrschen, aber von jedem ein bisschen etwas. Jeder hat seine Stärken und jeder seine Schwächen, doch ein facettenreiches Anforderungsprofil erfüllen alle Trainer*innen.

Auf den ersten Blick einfach und auf den zweiten vielschichtig – auf kein anderes Spielsystem trifft das so zu wie auf viervierzwei. viervierzwei ist die Basis. Zwei Viererketten, zwei Stürmer. Aus dieser Formation kann alles entstehen. Mit Ball. Gegen den Ball. Ein Sechser kippt ab, die Außenverteidiger schieben hoch, ein Stürmer lässt sich fallen. viervierzwei ist variabel. Es wird schnell zu einem 3-4-3 oder zu allem, was man möchte. Nicht jeder Trainer lässt viervierzwei spielen, aber jeder Trainer ist viervierzwei. Eins wird zu vielen, viele werden eins.

viervierzwei richtet sich an diese Multitalente, drückt ihre Passion aus. Die schlanke Taktiktafel als bildliche Gemeinsamkeit und eine der vermeintlich trivialsten Formationen als Ausdruck des Facettenreichtums eines Trainers / einer Trainerin. Denn genau wie hinter der Formation viervierzwei steckt hinter der Trainerfassade eine besondere Vielschichtigkeit, nein eine einzigartige.

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Ein Hoodie, der viervierzwei auf der Brust trägt, ist robust, stark, hält etwas aus. Genauso wie derjenige, der ihn trägt.

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Der Trainer und sein Spiel

Anpfiff, Vollstrom, Herzrasen. Du schaust deinem Team zu. Dein Kopf arbeitet ohne Unterlass. „Was kann ich tun, um meiner Mannschaft zu helfen?“ Du brabbelst vor dir her. Jeder Gedanke muss irgendwie raus. Dein Herz schlägt. Freude, Wut, Stolz und Verzweiflung – alles dabei. Kann man sich lebendiger fühlen?

90 Minuten ist links egal, rechts, oben und unten. Das ist die Mitte. Deine Augen sind auf dem Platz, deine Gedanken bei deinem Team. Diesen Kick gibt es nur hier. Dieses Gefühl verschafft dir nur das. Erst Gegentreffer und Höllenfeuer, dann Tor und Wolke 7. Du bist gefangen im Hier und Jetzt und doch freier denn je. Endorphin und Parathormon – und das im ständigen Wechsel. Nur das Adrenalin ist die Konstante. Dein Körper leistet Unvorstellbares.

Du fühlst dich stark und gleichzeitig angreifbar. Du kannst dich gegen alles wehren und bist doch leicht zu reizen. Die Wellen deines Teams surfst du mit und doch musst du gegen den Strom paddeln. Ist dein Team oben auf, fängst du es ein. Hat dein Team Probleme, hältst du es über Wasser. Nicht aufhören zu denken, niemals aufhören zu handeln. 90 Minuten Konzentration, Arbeit, Hingabe. Alles, was du hast. Alles, was du kannst.

Dann ist Schluss. Dein Herz drückt noch immer gegen die Brust. Umarmungen, Shakehands. Bei Sieg nimmst du noch ein paar Glücksmomente mit. Bei Niederlage lässt du dich kurz in den Strudel hineinziehen. Und dann ist da Leere. Dein Körper kann nicht mehr, dein Geist ist müde. Du ziehst dich zurück. Es gibt nur noch einen Gedanken, der in deinem Kopf Platz findet: „Nächste Woche wieder!“

Saisonende, Saisonanfang

Der Verband hat die Spielzeit 2019/20 offiziell abgebrochen. Ein kleiner Rückblick und ein kurzer Ausblick

Das war sie also, die Saison 2019/20. Sie war kürzer als jede andere Spielzeit und doch auch länger. Seit Mitte März finden keine Spiele mehr statt. Seit gestern stehen die Resultate fest. Eines ist sicher: Wir werden uns alle immer an diese Spielzeit erinnern.

Aus persönlicher Sicht war es eine wichtige Saison, die ohne den Abbruch sicherlich noch mehr hätte helfen können, als sie es ohnehin schon getan hat. Ich habe in dieser Spielzeit viel gelernt, eine neue Motivation gefunden und vor allem den Spaß an detaillierterer Trainingsarbeit im taktischen und technischen Bereich. Die Mannschaft hat sich toll entwickelt. Weniger Zufall, mehr Plan, selbe Leidenschaft.

Die acht Spiele, die nicht mehr ausgetragen werden konnten, werden dem Team aber in der Entwicklung fehlen. Inwiefern diese ausgebliebenden Erfahrungen Einfluss auf die Zielsetzung für die neue Saison haben werden, muss ich für mich noch definieren.

Sicher ist nur: Diese Spielzeit endet auf einem guten 6. Platz in einer immer noch starken Hamburger Bezirksliga Nord. In der neuen Saison etwas besser zu sein, ist nun der Mindestanspruch eines Sportlers. Alles weitere überlege ich mir in der Sommerpause.

Und da ist auch schon mein ganz persönliches Reizthema. Seit Tagen bin ich im Austausch mit anderen Trainern – von der Oberliga bis zur Kreisliga. Wann und wie sollen die Vorbereitungen auf die neue Saison aufgenommen werden? Die richtige Antwort auf die Frage hat niemand. Schließlich gab es die Situation noch nie. Ab wann kann 5-gegen-5 trainiert werden? Ab wann wieder komplett mit Vollkontakt? Das sind wichtige Faktoren, um eine ausgewogene Trainingsplanung zu gestalten und vor allem auch, um die Spieler bei Laune zu halten.

Die Jungs wollen ein Ziel vor Augen, etwas, wo sie drauf hinarbeiten können. Ich kann das verstehen, schließlich geht es mir auch immer wieder so, aber dieses Ziel wird noch einige Zeit verschwommen bleiben. Wichtig ist, dass sich jeder etwas umstellen muss, wenn kein Saisonstart-Datum feststeht. Neue Reize setzen, andere Ziele für diese ganz besondere Trainingsphase.

Jetzt bin ich aber erstmal froh, dass die alte Saison Geschichte ist und dass sich die Auswirkungen auf die neue im Rahmen halten. Meine Befürchtungen, in kurzer Zeit noch mehr Spiele zu absolvieren, hat sich nicht bestätigt. Die Liga wird nur um ein Team aufgestockt. Es ist immer wieder spannend, wie laut einige nach größeren Amateurligen schreien. Das sind dann übrigens auch dieselben, die sich in den vorherigen Sommermonaten darüber geärgert haben, dass bereits in der Urlaubszeit Punktspiele stattfinden. Dieselben, die während der Saison immer wieder mit Spielermangel zu kämpfen haben. Und es sind dieselben, die im Dreieck springen, wenn unter der Woche das eigene Training ausfällt, weil in der Trainingszeit ein Spiel einer anderen Mannschaft aus dem Verein stattfindet.

Allen Meistern herzlichste Glückwünsche, allen Nicht-Aufsteigern mein tiefes Verständnis (das würde mich auch ärgern, ist aber trotzdem die richtige Entscheidung) und allen anderen eine schöne, kurze Sommerpause.

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