Freiraum für Euphorie: Wie ich meine Spieler langsam wieder an den Fußball-Rhythmus gewöhne

Das war schon ein besonderer Moment, endlich wieder mit den Jungs auf dem Platz zu stehen. In allen Gesichtern war eine große Freude zu erkennen, sich wiederzusehen, den Ball wieder am Fuß zu haben. Doch bei aller Euphorie spüre ich auch, dass sich viele Spieler erst wieder an Fußball gewöhnen müssen. Damit meine ich gar nicht so sehr die körperlichen Aspekte, sondern vor allem die ungewohnte Terminpflicht. Besonders mit Blick auf den unsicheren Saisonstart-Termin in noch fast ferner Zukunft. Fußball war sieben Monate verschwunden, jetzt ist er wieder da. Wie viel Prozent kann ich von den Spielern verlangen?

Ich war selber lange genug Spieler, um mich daran zu erinnern, dass es immer reizvoller ist, ein Ziel vor Augen zu haben. Dieses Ziel ist in der Regel der Saisonstart, der dazu führt, dass Spieler in der Vorbereitung bereiter dafür sind, sich zu quälen. Dieses Ziel ist anders als sonst nicht nur 4-6 Wochen entfernt, sondern vermutlich noch 8-10. Ich kann verstehen, dass sich einige Trainer sofort auf die Suche nach Testspielgegnern machen, am besten direkt am nächsten Wochenende. Doch ich werde das nicht tun. Nicht nur, dass ich persönlich die Verletzungsgefahr nach so langer Pause für hoch halte, auch denke ich, dass sich die jetzige Euphorie nicht über so viele Wochen ohne Pflichtspiel tragen lässt. Spieler mögen kurze, knackige Vorbereitungen, nicht mehrere, ewig erscheinende Wochen.

Deswegen habe ich mich für einen anderen Ansatz entschieden. Wohlgemerkt bei einer Herrenmannschaft. Bei Junioren ist das aufgrund des Entwicklungsaspekts sicherlich anders zu bewerten. Davon ausgehend, dass die neue Saison vermutlich direkt Anfang August starten wird, müssen meine Spieler bis zum Vorbereitungsstart Ende Juni nur einmal pro Woche verpflichtend trainieren. Wer mag, kann auch beide Male wahrnehmen. Auch eine dritte Einheit mit Kleinstgruppen oder Einzeltraining wird zur Verfügung stehen. So kann jeder Spieler ganz individuell entscheiden, mit welchem Pensum er sich an die terminliche und körperliche Belastung gewöhnen will. Spiele werden erst mit Start der Sommervorbereitung stattfinden. So kommen alle langsam wieder in den Rhythmus, lecken wieder Blut, ohne von 0 auf 100 starten zu müssen.

Dieses Vorgehen habe ich nicht ganz alleine beschlossen, sondern mit dem Mannschaftrat abgesprochen. Durch ganz unterschiedliche Rückmeldungen können in der Trainingsgestaltung alle Strömungen innerhalb des Teams berücksichtigt werden. Jetzt steht erst einmal das gemeinsame Fußballspielen im Vordergrund und ab Ende Juni rücken dann wieder ambitionierte sportliche Ziele in den Fokus. Ich freue mich darauf.

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